Sculpture 21st: Shirin Neshat

Eröffnung: Donnerstag, 16. Mai, 19 Uhr

Laufzeit: 17. Mai bis 25. August 2024

Das Lehmbruck Museum zeigt im Rahmen seiner Reihe „Sculpture 21st“ das neueste Werk der iranischen Künstlerin Shirin Neshat: „The Fury“. Neshat zählt zu den international wichtigsten Künstlerinnen und widmet sich in ihren Arbeiten auf poetische Weise dem Leben und Schicksal von Frauen, die sich gegen Gewalt und Unterdrückung auflehnen.

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Shirin Neshat, The Fury, 2023, Lehmbruck Museum, Courtesy of the artist, Gladstone Gallery and Goodman Gallery, Foto: Saric

Zum ersten Mal wird die Videoinstallation - wie eine Skulptur - auf zwei monumentalen Bildschirmen in der ikonischen Glashalle des Lehmbruck Museums gezeigt. Die Aufnahmen für „The Fury“ entstanden im Juni 2022 in New York. Sie zeigen Episoden des Weges einer jungen Iranerin, die immer noch von den Erinnerungen an ihre Gefangenschaft traumatisiert ist, inzwischen aber frei in den Vereinigten Staaten lebt. In den Bildern verschränken sich verschiedene Ebenen der Wirklichkeit: Illusion und Realität, Innenwelt und Außenwelt gehen ineinander über. Es ist eine rätselhafte Erzählung, die der unbewussten Gedankenwelt und der Irrationalität starker Gefühle entspricht. Die Protagonistin macht dabei eine Wandlung durch: Ihr kaum bekleideter Körper ist zunächst den begehrlichen männlichen Blicken ausgesetzt. Sie üben Macht über ihn aus. Spuren von Gewalt sind sichtbar. So wecken ihre Erlebnisse und Erinnerungen unser Mitleid. Im Verlauf des Geschehens gewinnt die Protagonistin an Stärke und Unabhängigkeit und ist schließlich in der Lage, sich zu befreien.

Shirin Neshat betrachtet den weiblichen Körper sowohl als „Schlachtfeld für Ideologien“ als auch als Quelle der Stärke. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf die Beziehung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen, dem Individuum und dem Kollektiv, und bringen uns dazu über die Macht in patriarchalischen Gesellschaften nachzudenken.

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Shirin Neshat, The Fury, 2023, Video still, Courtesy of the artist, Gladstone Gallery and Goodman Gallery

Hintergrund des neuesten Werkes von Shirin Neshat ist die sexuelle Ausbeutung von Frauen als politische Gefangene. Viele der Frauen, die schwerer Folter, sexuellen Übergriffen und sogar Vergewaltigungen ausgesetzt waren, können sich auch nach ihrer Entlassung emotional nicht von dem Trauma der Haft erholen und begehen häufig Selbstmord.

Seit Jahrzehnten konzentriert sich Neshats umfangreiches Werk auf die Problematik des weiblichen Körpers in islamischen Kulturen, insbesondere in Bezug auf ihr Land, den Iran, und auf die Art und Weise, wie der weibliche Körper weiterhin ein umkämpfter Raum für Sünde, Scham, Begehren, Unterdrückung, politische und religiöse Ideologie, aber auch Rebellion, Macht und Protest ist. „The Fury“ knüpft an dieses Erbe an, indem es Themen hinterfragt und ins Rampenlicht rückt, die Frauen sowohl im Iran als auch weltweit betreffen.

Die Ausstellung wird gefördert durch die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West.

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Shirin Neshat, The Fury, 2023, Lehmbruck Museum, Courtesy of the artist, Gladstone Gallery and Goodman Gallery, Fotos: Saric

Sculpture 21st

Unter dem Titel „Sculpture 21st” präsentiert das Lehmbruck Museum seit 2014, dem 50. Geburtstag des Museums, wechselnde Positionen zur Skulptur des 21. Jahrhunderts. Einige der wichtigsten Bildhauer*innen der Gegenwart, unter ihnen Tino Sehgal, Jeppe Hein, Eija-Liisa Ahtila, Xu Bing, Julian Opie und zuletzt  Mona Hatoum präsentierten in der ikonischen Glashalle des Museums ihre Werke und definieren so die Skulptur im 21. Jahrhundert. Dabei werden sowohl dem Museum, der Gesellschaft, aber auch der Kunst selbst Fragen gestellt, auf die es keine einfachen Antworten zu geben scheint.

 

Die imposante Nordhalle des Lehmbruck Museums mit ihren an drei Seiten großflächig verglasten Scheibenfronten aus über sieben Meter hohen Glasscheiben bildet die architektonische Schnittstelle zwischen Museum und Öffentlichkeit: Wechselnde monographische Inszenierungen mit Werken international bedeutender Künstler*innen laden den musealen Raum der außergewöhnlichen Museumsarchitektur Manfred Lehmbrucks neu auf und kreieren ein Erfahrungsfeld, das sich in der Wahrnehmung der Betracher:innen realisiert und diese physisch einbezieht. Durch die Glaswände sind die eindrucksvollen Werke auch außerhalb des Museums im Kantpark sichtbar und bilden so die Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und musealem Raum.

Die Künstlerin

Shirin Neshat ist eine im Iran geborene und in New York lebende Künstlerin und Filmemacherin.  Neshat arbeitet mit den Medien Fotografie, Video und Film, die sie mit höchst poetischen und politisch aufgeladenen Bildern und Erzählungen versieht, die Fragen zu Macht, Religion, Rasse, Geschlecht und der Beziehung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Ost und West, Individuum und Kollektiv vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen als im Exil lebende Iranerin stellen.

Neshat hatte zahlreiche Einzelausstellungen in internationalen Museen, darunter die Pinakothek der Moderne, München, das Modern Art Museum of Fort Worth, The Broad, Los Angeles, das Museo Correr, Venedig, Italien, das Hirshhorn Museum, Washington D.C. und das Detroit Institute of Arts.

Sie hat bei drei abendfüllenden Filmen Regie geführt: Women Without Men (2009), der bei den 66. Internationalen Filmfestspielen von Venedig mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie ausgezeichnet wurde, Looking For Oum Kulthum (2017) und zuletzt Land of Dreams, der bei den Filmfestspielen von Venedig (2021) uraufgeführt wurde.   

Neshat wurde mit dem Goldenen Löwen, dem Ersten Internationalen Preis der 48. Biennale di Venezia (1999), dem Hiroshima Freedom Prize (2005) und dem Dorothy and Lillian Gish Prize (2006) ausgezeichnet. 2017 erhielt sie den renommierten Praemium Imperiale Award in Tokio. 

Sie wird von der Gladstone Gallery in New York und der Goodman Gallery in London vertreten.

Statements

Linda Wagner, Kulturdezernentin der Stadt Duisburg:

„The Fury" ist ein visionäres Kunstwerk, das die Protestbewegungen im Iran einige Monate vorwegnahm. Es entstand noch vor den landesweiten Protesten gegen die autoritäre Regierung im Jahr 2022 und erzählt die Geschichte einer jungen Iranerin, die von ihren Gefangenschaftserinnerungen gequält wird. Shirin Neshat hat ein Werk geschaffen, das für alle Menschen zugänglich und verständlich ist. Besonders beeindruckend ist, dass wir als Besucher Teil des Werkes werden und die Geschichte durch unsere Perspektive lenken. Mit dieser Ausstellung zeigt das Lehmbruck Museum erneut, dass es ein Ort ist, an dem auch brisante gesellschaftliche Themen zur Sprache kommen. Kunstwerke wie „The Fury“ bezaubern und verstören zugleich und können uns dazu bringen, Positionen zu überdenken.

Ursula Wißborn, Vorstand der Stiftung der Sparda-Bank West:

Die Ausstellungsreihe Sculpture 21st zu fördern bedeutet für uns, die kulturelle Vielfalt und künstlerische Innovation des 21. Jahrhunderts zu präsentieren. Die Besucherinnen und Besucher tauchen ein in die Geschichten und Kulturen der präsentierten Künstlerinnen und Künstler. Kulturelle Vielfalt bedeutet zudem für uns, Kunst für alle Menschen, unabhängig von ihrem Alter, ihrer Herkunft oder ihrem gesellschaftlichen Background, zugänglich zu machen. Daher freuen wir uns auf ein großes Kunsterlebnis am 18. August 2024: Sie sind alle herzlich eingeladen, das Museum beim Sparda-Sommerfest zu entdecken.

Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck Museums:

Das Werk Shirin Neshats provoziert uns dazu, über die Rolle der Frau nachzudenken – sowohl im Iran, ihrem Heimatland, als auch weltweit. „The Fury“ gelingt es, eine Form von Eleganz und Schönheit auszustrahlen und zugleich Diskussionen auszulösen – nur die Kunst schafft es, Form und Inhalt auf diese Weise zusammen zu bringen.

Über Lehmbruck Museum

Das Lehmbruck Museum ist das international bedeutendste Museum für Skulptur der Moderne und der Gegenwart in Europa. Seine Sammlung moderner Plastiken von Künstlern wie Alberto Giacometti, Meret Oppenheim, Pablo Picasso, Barbara Hepworth und natürlich Wilhelm Lehmbruck ist europaweit einzigartig. Beheimatet ist das Museum in einem eindrucksvollen Museumsbau inmitten eines Skulpturenparks, der zum Schlendern und Entdecken einlädt.

Namensgeber des Hauses ist der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, der 1881 in Meiderich, heute ein Stadtteil von Duisburg, geboren wurde. Lehmbruck ist einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Er hat mit seinem Werk maßgeblichen Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen und ist auch nach seinem frühen Freitod im Jahr 1919 bis heute einflussreich geblieben.

Kontaktdaten

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